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Landschaftspositionen Ein landschaftstheoretischer Exkurs zur Fotoserie „die Rückkehr“ von Eva Kern 4 zoll+ Nummer 27, Dezember 2015 Auf die Frage, welche Landschaft der Malerei ihnen als erstes in den Sinn komme, antwortet die Mehrzahl der Studierenden: das Nebelmeer, über das Caspar David Friedrich seinen Wanderer blicken lässt. Wir alle haben es sofort vor Augen. In einer Umfrage, die von der Autorin über einige Jahre am Institut für Landschaftsarchitektur der Leibniz Universität Hannover durchgeführt wurde, ging es um Repräsentationen von Landschaft in den unterschiedlichsten Medien. Während die Antworten etwa zu Landschaften in Computerspielen über die Jahre unterschiedlichen Trends folgten, behauptete in der Malerei Friedrichs Wanderer konstant den Favoritenplatz. Das Bild hat uns seinen landschaftsästhetischen Stempel aufgedrückt. Es hat unseren Blick auf Landschaft geprägt. Aber was fasziniert uns heute – auch uns LandschaftsexpertInnen - an einem Bild, das vor knapp 200 Jahren entstanden ist? Die berühmte Rückenansicht erlaubt es uns, hineinzuschlüpfen: ins Bild, in die Landschaft, um den Blick des Wanderers einzunehmen. Er hat sich auf den Weg nach oben gemacht, um das gewöhnliche Leben, vom Nebel verhüllt, hinter sich zu lassen. Vom Erhabenen hat Immanuel Kant gesprochen, das über unseren Alltag und unsere normalen Kategorien der Wahrnehmung hinausweist. Der Aufklärer Kant postulierte zum Ende des 18. Jahrhunderts, dass die Wahrnehmung von „tosenden Ozeanen“, Donnerstürmen oder eben schroffen Bergwelten den Menschen nicht mehr elementar verunsichere. Im Gegenteil: in der Wahrnehmung des Erhabenen werde sich der Mensch letztlich der eigenen Überlegenheit, sprich Freiheit über die Natur bewusst. Erst diese Freiheit ermögliche das ästhetische Landschaftsempfinden, den Naturgenuss.Weitergedacht hat dies im 20. Jahrhundert der Philosoph Joachim Ritter. Er sprach von Landschaft als Kompensationsraum, ein Gegenüber der Gesellschaft, das im ästhetischen Blick zu bewältigen sei. Die Diskussion um Landschaft hat sich weiterbewegt, Impulse kamen unter anderem aus den amerikanischen Cultural Landscape Studies. Sie haben seit Mitte des 20. Jahrhunderts die Alltagslandschaft und den Menschen als Nutzer und Macher der Landschaft in den Vordergrund gestellt: „Wir sind keine Zuschauer, die menschliche Landschaft ist kein Kunstwerk“, lautete das emanzipatorische Credo des US-amerikanischen Landschaftsforschers John Brinckerhoff Jackson – ein unmissverständlicher Seitenhieb auf die (auch in den USA) übermächtige Tradition europäischer Landschaftsrezeption, die Landschaft mit dem Blick des Kunsthistorikers zu vermessen. Heute geht es nicht darum, das eine gegen das andere auszutauschen. Landschaft ist per se ein sowohl als auch: Bild- und Handlungsraum, Spiegel der Verhältnisse und Arkadien. Um diese Ambivalenz und die Kippmomente zwischen den Polen formiert sich die Fotoserie von Eva Kern. Es fällt Landschaftspositionen uns schwerer als bei Friedrichs Wanderer in die abgebildete Figur hineinzuschlüpfen und ihren Blick einzunehmen. Wer steht da überhaupt? Die Kleidung weist die Person als Menschen unserer Zeit aus, aber mehr erzählt sie uns nicht. Über ihr Geschlecht oder ihre Nationalität erfahren wir nichts. Und ihr Blick? Nun, auf manchen Fotos gibt es Ausblicke, andere zeigen eher ein Hineinschauen oder ein Abprallen des Blickes an einer grünen Wand. Und anders als Friedrichs Wanderer, dem wir fast noch ansehen können, wie er den Berg erklommen hat, um sich dann auf dem Gipfel, ein Bein vorgeschoben, stabil zu positionieren, erscheint die Person auf den Fotos wie abgestellt. Kein erhabener Überblick, nein, sie steht mittendrin, im Dickicht, in der Schonung, auf dem matschig aufgeweichten Weg. Da ist sie doch, die Landschaft „diesseits des Blicks“, wie sie John Brinckerhoff Jackson seinerzeit proklamiert hat. Und doch, da ist wieder dieses Kippmoment: mittendrin, aber auch fremd, eher hineingeworfen als in er habenerAndacht. Das gilt es auszuhalten. Die Autorin ist Gründungsmitglied des Arbeitskreises Landschaft querdenken, der sich einer interdisziplinären Forschungsperspektive auf Landschaft verschrieben hat. Landschaftsarchitektinnen, Geografen, Historikerinnen, Kunst- und Kulturwissenschaftler diskutieren Forschungsfragen und initiieren Tagungen und Vortragsreihen. Weitere Informationen unter www.landschaftquerdenken.org TEXT: STEFANIE KREBS
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Landschaftspositionen Ein landschaftstheoretischer Exkurs zur Fotoserie „die Rückkehr“ von Eva Kern 4 zoll+ Nummer 27, Dezember 2015 Auf die Frage, welche Landschaft der Malerei ihnen als erstes in den Sinn komme, antwortet die Mehrzahl der Studierenden: das Nebelmeer, über das Caspar David Friedrich seinen Wanderer blicken lässt. Wir alle haben es sofort vor Augen. In einer Umfrage, die von der Autorin über einige Jahre am Institut für Landschaftsarchitektur der Leibniz Universität Hannover durchgeführt wurde, ging es um Repräsentationen von Landschaft in den unterschiedlichsten Medien. Während die Antworten etwa zu Landschaften in Computerspielen über die Jahre unterschiedlichen Trends folgten, behauptete in der Malerei Friedrichs Wanderer konstant den Favoritenplatz. Das Bild hat uns seinen landschaftsästhetischen Stempel aufgedrückt. Es hat unseren Blick auf Landschaft geprägt. Aber was fasziniert uns heute – auch uns LandschaftsexpertInnen - an einem Bild, das vor knapp 200 Jahren entstanden ist? Die berühmte Rückenansicht erlaubt es uns, hineinzuschlüpfen: ins Bild, in die Landschaft, um den Blick des Wanderers einzunehmen. Er hat sich auf den Weg nach oben gemacht, um das gewöhnliche Leben, vom Nebel verhüllt, hinter sich zu lassen. Vom Erhabenen hat Immanuel Kant gesprochen, das über unseren Alltag und unsere normalen Kategorien der Wahrnehmung hinausweist. Der Aufklärer Kant postulierte zum Ende des 18. Jahrhunderts, dass die Wahrnehmung von „tosenden Ozeanen“, Donnerstürmen oder eben schroffen Bergwelten den Menschen nicht mehr elementar verunsichere. Im Gegenteil: in der Wahrnehmung des Erhabenen werde sich der Mensch letztlich der eigenen Überlegenheit, sprich Freiheit über die Natur bewusst. Erst diese Freiheit ermögliche das ästhetische Landschaftsempfinden, den Naturgenuss.Weitergedacht hat dies im 20. Jahrhundert der Philosoph Joachim Ritter. Er sprach von Landschaft als Kompensationsraum, ein Gegenüber der Gesellschaft, das im ästhetischen Blick zu bewältigen sei. Die Diskussion um Landschaft hat sich weiterbewegt, Impulse kamen unter anderem aus den amerikanischen Cultural Landscape Studies. Sie haben seit Mitte des 20. Jahrhunderts die Alltagslandschaft und den Menschen als Nutzer und Macher der Landschaft in den Vordergrund gestellt: „Wir sind keine Zuschauer, die menschliche Landschaft ist kein Kunstwerk“, lautete das emanzipatorische Credo des US-amerikanischen Landschaftsforschers John Brinckerhoff Jackson – ein unmissverständlicher Seitenhieb auf die (auch in den USA) übermächtige Tradition europäischer Landschaftsrezeption, die Landschaft mit dem Blick des Kunsthistorikers zu vermessen. Heute geht es nicht darum, das eine gegen das andere auszutauschen. Landschaft ist per se ein sowohl als auch: Bild- und Handlungsraum, Spiegel der Verhältnisse und Arkadien. Um diese Ambivalenz und die Kippmomente zwischen den Polen formiert sich die Fotoserie von Eva Kern. Es fällt Landschaftspositionen uns schwerer als bei Friedrichs Wanderer in die abgebildete Figur hineinzuschlüpfen und ihren Blick einzunehmen. Wer steht da überhaupt? Die Kleidung weist die Person als Menschen unserer Zeit aus, aber mehr erzählt sie uns nicht. Über ihr Geschlecht oder ihre Nationalität erfahren wir nichts. Und ihr Blick? Nun, auf manchen Fotos gibt es Ausblicke, andere zeigen eher ein Hineinschauen oder ein Abprallen des Blickes an einer grünen Wand. Und anders als Friedrichs Wanderer, dem wir fast noch ansehen können, wie er den Berg erklommen hat, um sich dann auf dem Gipfel, ein Bein vorgeschoben, stabil zu positionieren, erscheint die Person auf den Fotos wie abgestellt. Kein erhabener Überblick, nein, sie steht mittendrin, im Dickicht, in der Schonung, auf dem matschig aufgeweichten Weg. Da ist sie doch, die Landschaft „diesseits des Blicks“, wie sie John Brinckerhoff Jackson seinerzeit proklamiert hat. Und doch, da ist wieder dieses Kippmoment: mittendrin, aber auch fremd, eher hineingeworfen als in er habenerAndacht. Das gilt es auszuhalten. Die Autorin ist Gründungsmitglied des Arbeitskreises Landschaft querdenken, der sich einer interdisziplinären Forschungsperspektive auf Landschaft verschrieben hat. Landschaftsarchitektinnen, Geografen, Historikerinnen, Kunst- und Kulturwissenschaftler diskutieren Forschungsfragen und initiieren Tagungen und Vortragsreihen. Weitere Informationen unter www.landschaftquerdenken.org TEXT: STEFANIE KREBS
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Landschaftspositionen Ein landschaftstheoretischer Exkurs zur Fotoserie „die Rückkehr“ von Eva Kern 4 zoll+ Nummer 27, Dezember 2015 Auf die Frage, welche Landschaft der Malerei ihnen als erstes in den Sinn komme, antwortet die Mehrzahl der Studierenden: das Nebelmeer, über das Caspar David Friedrich seinen Wanderer blicken lässt. Wir alle haben es sofort vor Augen. In einer Umfrage, die von der Autorin über einige Jahre am Institut für Landschaftsarchitektur der Leibniz Universität Hannover durchgeführt wurde, ging es um Repräsentationen von Landschaft in den unterschiedlichsten Medien. Während die Antworten etwa zu Landschaften in Computerspielen über die Jahre unterschiedlichen Trends folgten, behauptete in der Malerei Friedrichs Wanderer konstant den Favoritenplatz. Das Bild hat uns seinen landschaftsästhetischen Stempel aufgedrückt. Es hat unseren Blick auf Landschaft geprägt. Aber was fasziniert uns heute – auch uns LandschaftsexpertInnen - an einem Bild, das vor knapp 200 Jahren entstanden ist? Die berühmte Rückenansicht erlaubt es uns, hineinzuschlüpfen: ins Bild, in die Landschaft, um den Blick des Wanderers einzunehmen. Er hat sich auf den Weg nach oben gemacht, um das gewöhnliche Leben, vom Nebel verhüllt, hinter sich zu lassen. Vom Erhabenen hat Immanuel Kant gesprochen, das über unseren Alltag und unsere normalen Kategorien der Wahrnehmung hinausweist. Der Aufklärer Kant postulierte zum Ende des 18. Jahrhunderts, dass die Wahrnehmung von „tosenden Ozeanen“, Donnerstürmen oder eben schroffen Bergwelten den Menschen nicht mehr elementar verunsichere. Im Gegenteil: in der Wahrnehmung des Erhabenen werde sich der Mensch letztlich der eigenen Überlegenheit, sprich Freiheit über die Natur bewusst. Erst diese Freiheit ermögliche das ästhetische Landschaftsempfinden, den Naturgenuss.Weitergedacht hat dies im 20. Jahrhundert der Philosoph Joachim Ritter. Er sprach von Landschaft als Kompensationsraum, ein Gegenüber der Gesellschaft, das im ästhetischen Blick zu bewältigen sei. Die Diskussion um Landschaft hat sich weiterbewegt, Impulse kamen unter anderem aus den amerikanischen Cultural Landscape Studies. Sie haben seit Mitte des 20. Jahrhunderts die Alltagslandschaft und den Menschen als Nutzer und Macher der Landschaft in den Vordergrund gestellt: „Wir sind keine Zuschauer, die menschliche Landschaft ist kein Kunstwerk“, lautete das emanzipatorische Credo des US-amerikanischen Landschaftsforschers John Brinckerhoff Jackson – ein unmissverständlicher Seitenhieb auf die (auch in den USA) übermächtige Tradition europäischer Landschaftsrezeption, die Landschaft mit dem Blick des Kunsthistorikers zu vermessen. Heute geht es nicht darum, das eine gegen das andere auszutauschen. Landschaft ist per se ein sowohl als auch: Bild- und Handlungsraum, Spiegel der Verhältnisse und Arkadien. Um diese Ambivalenz und die Kippmomente zwischen den Polen formiert sich die Fotoserie von Eva Kern. Es fällt Landschaftspositionen uns schwerer als bei Friedrichs Wanderer in die abgebildete Figur hineinzuschlüpfen und ihren Blick einzunehmen. Wer steht da überhaupt? Die Kleidung weist die Person als Menschen unserer Zeit aus, aber mehr erzählt sie uns nicht. Über ihr Geschlecht oder ihre Nationalität erfahren wir nichts. Und ihr Blick? Nun, auf manchen Fotos gibt es Ausblicke, andere zeigen eher ein Hineinschauen oder ein Abprallen des Blickes an einer grünen Wand. Und anders als Friedrichs Wanderer, dem wir fast noch ansehen können, wie er den Berg erklommen hat, um sich dann auf dem Gipfel, ein Bein vorgeschoben, stabil zu positionieren, erscheint die Person auf den Fotos wie abgestellt. Kein erhabener Überblick, nein, sie steht mittendrin, im Dickicht, in der Schonung, auf dem matschig aufgeweichten Weg. Da ist sie doch, die Landschaft „diesseits des Blicks“, wie sie John Brinckerhoff Jackson seinerzeit proklamiert hat. Und doch, da ist wieder dieses Kippmoment: mittendrin, aber auch fremd, eher hineingeworfen als in er habenerAndacht. Das gilt es auszuhalten. Die Autorin ist Gründungsmitglied des Arbeitskreises Landschaft querdenken, der sich einer interdisziplinären Forschungsperspektive auf Landschaft verschrieben hat. Landschaftsarchitektinnen, Geografen, Historikerinnen, Kunst- und Kulturwissenschaftler diskutieren Forschungsfragen und initiieren Tagungen und Vortragsreihen. Weitere Informationen unter www.landschaftquerdenken.org TEXT: STEFANIE KREBS
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Landschaftspositionen Ein landschaftstheoretischer Exkurs zur Fotoserie „die Rückkehr“ von Eva Kern 4 zoll+ Nummer 27, Dezember 2015 Auf die Frage, welche Landschaft der Malerei ihnen als erstes in den Sinn komme, antwortet die Mehrzahl der Studierenden: das Nebelmeer, über das Caspar David Friedrich seinen Wanderer blicken lässt. Wir alle haben es sofort vor Augen. In einer Umfrage, die von der Autorin über einige Jahre am Institut für Landschaftsarchitektur der Leibniz Universität Hannover durchgeführt wurde, ging es um Repräsentationen von Landschaft in den unterschiedlichsten Medien. Während die Antworten etwa zu Landschaften in Computerspielen über die Jahre unterschiedlichen Trends folgten, behauptete in der Malerei Friedrichs Wanderer konstant den Favoritenplatz. Das Bild hat uns seinen landschaftsästhetischen Stempel aufgedrückt. Es hat unseren Blick auf Landschaft geprägt. Aber was fasziniert uns heute – auch uns LandschaftsexpertInnen - an einem Bild, das vor knapp 200 Jahren entstanden ist? Die berühmte Rückenansicht erlaubt es uns, hineinzuschlüpfen: ins Bild, in die Landschaft, um den Blick des Wanderers einzunehmen. Er hat sich auf den Weg nach oben gemacht, um das gewöhnliche Leben, vom Nebel verhüllt, hinter sich zu lassen. Vom Erhabenen hat Immanuel Kant gesprochen, das über unseren Alltag und unsere normalen Kategorien der Wahrnehmung hinausweist. Der Aufklärer Kant postulierte zum Ende des 18. Jahrhunderts, dass die Wahrnehmung von „tosenden Ozeanen“, Donnerstürmen oder eben schroffen Bergwelten den Menschen nicht mehr elementar verunsichere. Im Gegenteil: in der Wahrnehmung des Erhabenen werde sich der Mensch letztlich der eigenen Überlegenheit, sprich Freiheit über die Natur bewusst. Erst diese Freiheit ermögliche das ästhetische Landschaftsempfinden, den Naturgenuss.Weitergedacht hat dies im 20. Jahrhundert der Philosoph Joachim Ritter. Er sprach von Landschaft als Kompensationsraum, ein Gegenüber der Gesellschaft, das im ästhetischen Blick zu bewältigen sei. Die Diskussion um Landschaft hat sich weiterbewegt, Impulse kamen unter anderem aus den amerikanischen Cultural Landscape Studies. Sie haben seit Mitte des 20. Jahrhunderts die Alltagslandschaft und den Menschen als Nutzer und Macher der Landschaft in den Vordergrund gestellt: „Wir sind keine Zuschauer, die menschliche Landschaft ist kein Kunstwerk“, lautete das emanzipatorische Credo des US-amerikanischen Landschaftsforschers John Brinckerhoff Jackson – ein unmissverständlicher Seitenhieb auf die (auch in den USA) übermächtige Tradition europäischer Landschaftsrezeption, die Landschaft mit dem Blick des Kunsthistorikers zu vermessen. Heute geht es nicht darum, das eine gegen das andere auszutauschen. Landschaft ist per se ein sowohl als auch: Bild- und Handlungsraum, Spiegel der Verhältnisse und Arkadien. Um diese Ambivalenz und die Kippmomente zwischen den Polen formiert sich die Fotoserie von Eva Kern. Es fällt Landschaftspositionen uns schwerer als bei Friedrichs Wanderer in die abgebildete Figur hineinzuschlüpfen und ihren Blick einzunehmen. Wer steht da überhaupt? Die Kleidung weist die Person als Menschen unserer Zeit aus, aber mehr erzählt sie uns nicht. Über ihr Geschlecht oder ihre Nationalität erfahren wir nichts. Und ihr Blick? Nun, auf manchen Fotos gibt es Ausblicke, andere zeigen eher ein Hineinschauen oder ein Abprallen des Blickes an einer grünen Wand. Und anders als Friedrichs Wanderer, dem wir fast noch ansehen können, wie er den Berg erklommen hat, um sich dann auf dem Gipfel, ein Bein vorgeschoben, stabil zu positionieren, erscheint die Person auf den Fotos wie abgestellt. Kein erhabener Überblick, nein, sie steht mittendrin, im Dickicht, in der Schonung, auf dem matschig aufgeweichten Weg. Da ist sie doch, die Landschaft „diesseits des Blicks“, wie sie John Brinckerhoff Jackson seinerzeit proklamiert hat. Und doch, da ist wieder dieses Kippmoment: mittendrin, aber auch fremd, eher hineingeworfen als in er habenerAndacht. Das gilt es auszuhalten. Die Autorin ist Gründungsmitglied des Arbeitskreises Landschaft querdenken, der sich einer interdisziplinären Forschungsperspektive auf Landschaft verschrieben hat. Landschaftsarchitektinnen, Geografen, Historikerinnen, Kunst- und Kulturwissenschaftler diskutieren Forschungsfragen und initiieren Tagungen und Vortragsreihen. Weitere Informationen unter www.landschaftquerdenken.org TEXT: STEFANIE KREBS